Naturbaustoffe Huppenberger produziert Putzträgerplatten und Dämmungen aus Stroh und setzt damit neue Maßstäbe im Baustellensektor
Riedlhütte. Stroh ist ein Nebenprodukt des Getreideanbaus, in Deutschland reichlich vorhanden und speichert jedes Jahr CO2 wie ein Baum. Der Bezirk Niederbayern hat vor wenigen Monaten entschieden, bei Ausschreibungen künftig nicht mehr nur auf den Preis zu achten, sondern auch die Nachhaltigkeit mit 30 Prozent zu bewerten. Vor diesem Hintergrund fand kürzlich ein Besuch des Bezirkstagspräsidenten Dr. Olaf Heinrich bei „Naturbaustoffe Huppenberger GmbH“ in Riedlhütte (Landkreis Freyung-Grafenau) statt – ein Unternehmen, das nur eines im Sinn hat: Stroh als Baustoff auf dem Markt zu etablieren.
Wie viel Grundlagenarbeit diese weltweite Pioniertätigkeit jedoch erfordert, unterstrich Unternehmensgründer Gerhard Huppenberger, der sich 1996 als Trockenbauer selbstständig gemacht und schnell festgestellt hatte, dass ökologische Baustoffe Mangelware sind. Er begann zu tüfteln und fand vor neun Jahren in der Firma Maxit einen interessierten Forschungspartner. „Die Ideen waren einfach zu gut, um sie nicht zu verwirklichen“, erklärt Johannes Eberlein, Leiter des Produktmanagements der Maxit Gruppe. Im Kern geht es darum, aus Stroh Trägerplatten und Dämmstoffprodukte für den kompletten Innenausbau und die Außendämmung herzustellen. Das Ziel von Anfang an war die 100-prozentige Natürlichkeit und damit Recyclebar- bzw. Kompostierbarkeit. Die Krux: Da es sich um eine weltweit einzigartige Entwicklung handelt, gibt es keine Vergleichswerte. „Wir müssen uns bei den diversen Zertifizierungen, die wir vor allem für den öffentlichen Bausektor brauchen, mit den herkömmlichen kunststoffhaltigen Baustoffen messen“, so Eberlein. Der finanzielle und zeitliche Aufwand ist dabei entsprechend hoch.
Doch dass sich die Entwicklung lohnt, daran hat Olaf Heinrich keinen Zweifel: „Das Thema war nie aktueller als jetzt.“ Neben der Recylebarkeit sei auch die regionale Lieferkette sowie Verfügbarkeit – gerade in Zeiten wie diesen – ein schlagkräftiges Argument. Hinzukommt die Natürlichkeit des Materials, wie Gerhard Huppenberger und sein Sohn Andreas, der die Produktion leitet, hervorheben. „Es gibt keinerlei schädliche Ausdünstungen, was gerade für Innenräume ein wirklicher Vorteil ist.“ Sogar der Firmenstandort ist nachhaltig: Wo früher in der Glashütte Riedlhütte Trinkgläser, Vasen und vieles mehr produziert wurden, dann jahrelang leer stand, wird heute in Teilen eben Stroh verarbeitet. Die Nutzung der Abwärme des privaten Hackschnitzel- und Pelletswerks von nebenan ermöglicht auch eine Energie und somit Co2-arme Herstellung. „Wir wollen langfristig, dass unser Unternehmen sogar eine negative Energiebilanz hat“, betont Eberlein, also mehr kompensiert als verbraucht wird.
Die Naturbaustoffe Huppenberger GmbH wurde 2019 gegründet, hier hält Gerhard Huppenberger 75 Prozent, 25 Prozent die Bergmann Kalk Holding aus Kulmbach, die auch die Mutter der Firma Maxit ist. Der lange Atem, der bei der Etablierung solch neuer Baustoffe nötig ist, war nur durch diese Kooperation möglich, allein schon wegen des Netzwerks zu Maschinenbaufirmen, die man für die eigens konstruierten Geräte braucht.
Für den Innenausbau (Innendämmung, Putzträgerplatten und Decken) ist die Zertifizierung durch, für den Außenbereich „sind wir aktuell dran“. In der Fabrikhalle, wo früher die Schlosserei der Glashütte untergebracht war, konnte sich Olaf Heinrich ein Bild von der „beeindruckenden Produktvielfalt“ machen. Verputzt werden die Strohelemente mit Lehm- oder Kalkputz, auch ein eigenes Wandheizungssystem, das dünn wie ein Blatt Papier ist, kann man über die Firma zukünftig beziehen. Genauso wie furnierte Holzplatten, die optisch wie Eiche massiv daherkommen, aber wegen des strohigen Innenlebens viel leichter sind. „All das hat enormes Potential. Und ich bin überzeugt, dass wir den Transformationsprozess, der uns bevorsteht, nur mit solchen Neuentwicklungen bewältigen können.“ Zumal immer gebaut wird – im Falle von Stroh wird jede Wand oder Decke zum CO2-Speicher. Bei 1000 Quadratmetern Fläche sind es immerhin sieben Tonnen CO2 (so viel wie auf gut 34.000 Kilometer mit einem Mittelklasse-Benziner ausgestoßen werden), die, anstatt in die Atmosphäre zu entweichen, daheim für ein gutes Raumklima sorgen – und natürlich auch für ein gutes ökologisches Gewissen.
Text und Bild: Lang, Bezirk Niederbayern
Im Bild (v. l.): Fabian Barth, Andreas Huppenberger, Johannes Eberlein (Geschäftsleitung), Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Gerhard Huppenberger (Geschäftsleitung) und Nadine Rothkopf Foto: Lang, Bezirk Niederbayern