Grenzgänger zwischen Niederbayern und Tschechien

Interview mit der Grenzraumbotschafterin Jana Kadrnožková

Der Niederbayern-Forum e.V. hat in der Vergangenheit bereits ca. 140 BotschafterInnen Niederbayerns ausgezeichnet. Ergänzend zu den BotschafterInnen Niederbayerns stehen unsere fünf GrenzraumbotschafterInnen für die Region Niederbayern-Südböhmen-Pilsen.

Die Fördermaßnahme „Grenzraumbotschafter/in für Niederbayern-Südböhmen-Pilsen“ ist Teil der Initiative „SEITEN|WECHSEL Niederbayern-Südböhmen-Pilsen“. Sie wird vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat gefördert. Die niederbayerisch-tschechischen GrenzraumbotschafterInnen haben ihre Wurzeln im bayerisch-tschechischen Raum und stehen als wichtige Multiplikatoren für die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität unserer gemeinsamen grenzüberschreitenden Region.

Die fünf Grenzraumbotschafter stehen für verschiedene Themenbereiche in der Grenzregion ein: starke niederbayerisch-tschechische Wirtschaftsbeziehungen, grenzübergreifender Austausch im Bereich der Wissenschaft, grenzüberschreitender Sport sowie grenzübergreifendes Studieren und gelungener Berufseinstieg. Wie sich ein grenzübergreifendes Studium und der anschließende Berufseinstieg gestalten lassen, darüber erzählt Grenzraumbotschafterin Jana Kadrnožková im Interview.

Liebe Jana, dein bisheriger Werdegang spielte sich zwischen Niederbayern und Südböhmen ab und du lebst die bayerisch-böhmischen Beziehungen buchstäblich. Bitte stell dich unseren LeserInnen kurz vor.

Sehr gerne. Ich heiße Jana Kadrnožková und komme aus einem kleinen Dorf namens Pálovice in Mähren. Ich bin 23 Jahre alt und wohne nun schon über ein Jahr lang in Bayern.

Welche Erfahrungen hast du als Grenzgängerin zwischen Niederbayern und Südböhmen bisher gesammelt?

Als Studentin an der südböhmischen Universität in Budweis habe ich im Jahr 2018 ein zweimonatiges Praktikum im Nationalpark Bayerischer Wald absolviert. Eineinhalb Monate lang unterstützte ich das Waldgeschichtliches Museum in Sankt Oswald, wo ich zusammen mit Kollegen eine tschechisch-deutsche Spielzeugausstellung vorbereitet habe. Den Rest des Praktikums habe ich im Hans-Eisenmann-Haus verbracht, wo ich bei der Durchführung von Kinderprogrammen mitgeholfen habe. Letztes Jahr im Herbst habe ich dann ein dreimonatiges Praktikum beim der Europaregion Donau-Moldau in Freyung absolviert. Danach wurde ich beim Gesundheitsamt Freyung-Grafenau als Containment-Scout eingestellt. Dort bediente ich die Coronahotline bis zu meiner jetzigen Elternzeit.

Was gefällt dir besonders gut am Grenzraum? Wo siehst du Gemeinsamkeiten?

Am Grenzraum gefällt mir vor allem die Natur und die Beziehungen zwischen den Menschen. Das Gebirge erstreckt sich über beide Nachbarländer und es kommt einem so vor, als ob es dazwischen gar keine Grenze gäbe. Die Bayern und Tschechen sind freundlich zueinander und fühlen sich einander verbunden. Im Grenzgebiet sprechen viele Tschechen gut Deutsch und ich kenne auch einige Deutsche, die Tschechien oft und gern besuchen und daher ebenfalls ein wenig tschechisch sprechen können. Die Zusammenarbeit zwischen den Tschechen auf der einen Seite und den Deutschen auf der anderen, dauert schon jahrhundertelang an und reicht bis in die alten Zeiten, als durch das Grenzgebiet der sogenannte „Goldene Steig“ - eine noch heute bekannte Handelsroute zum Salztransport - geführt hat.

Fühlst du dich in Deutschland inzwischen genauso „zu Hause“ wie in Tschechien?

Ja. Ich bin der Meinung, dass das Zuhause eher die Menschen prägen als der Ort. Seitdem ich hier in Bayern zusammen mit meinem Freund unsere kleine Familie gegründet habe, ist mein Zuhause hier in Bayern - eben da, wo „meine Jungs“ sind. Aber wahrscheinlich spielen die Corona-Beschränkungen dabei auch eine Rolle – ich durfte eine sehr lange Zeit nicht zu meiner Familie und zu meinen Freunden in Tschechien reisen. Daher habe ich mich nur auf Deutschland konzentrieren können. Allgemein fühle ich mich aber immer noch 100 Prozent als Tschechin und mein Geburtsort wird für mich immer meine Heimat bleiben.

Wie hast du die letzten zwei Corona-Jahre wahrgenommen? Wie bist du mit den Grenzschließungen umgegangen?

Zu Beginn der „Pandemie“ habe ich mein Studium an der Philosophischen Fakultät in Budweis erfolgreich abgeschlossen. Ich durfte mich in dieser Zeit aufgrund der Grenzschließung mit meinem Freund fast drei Monate lang nicht treffen. Deswegen bin ich nach dieser schwierigen Zeit lieber nach Deutschland gezogen, damit so eine Entfernung zwischen uns nicht wieder entsteht. Später habe ich das Gesundheitsamt im Landkreis Freyung-Grafenau unterstützt. Nun bin ich in eine neue Umgebung gezogen und bin Vollzeitmama. In dieser Situation und auch während der Schwangerschaft fehlte mir der Kontakt zu meiner Familie besonders. Es war leider unglaublich umständlich, sich sehen zu dürfen und das Wirrwarr an Regeln überhaupt richtig zu erfassen.

Was ist dein besonderer Tipp, um eine Fremdsprache zu erlernen?

Ich habe am meisten gelernt, als ich selbst für einen längeren Zeitraum in Deutschland gearbeitet habe. Man sollte dabei nicht scheu sein, die Fremdsprache auch zu benutzen, selbst wenn man immer wieder Fehler macht.

Du hast in zwischen eine Familie gegründet. Wächst euer Sohn zweisprachig, Deutsch-Tschechisch auf?

Mit unserem kleinen Benjamin spreche ich nur Tschechisch, damit er sich mit meiner tschechischen Familie verständigen kann und mein Freund zusammen mit seinen Verwandten bringt ihm Deutsch bei. Von dem her ist es definitiv unser Vorhaben, dass er zweisprachig aufwächst.

Jana, wir bedanken uns herzlich, dass du deine grenzübergreifende Geschichte mit uns geteilt hast und wünschen dir und deiner Familie alles erdenklich Gute für die Zukunft!

 

 

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Bildunterschrift: Jana und Samuel beim Wandern zwischen Niederbayern und Tschechien. Bildquelle: Jana Kadrnožková