Röhrnbach (obx) - Tschechien arbeitet sich in der bayerischen Außenhandelsstatistik immer weiter nach vorn: Bei den Einfuhren in den Freistaat sind die östlichen Nachbarn mittlerweile drittwichtigster Handelspartner, bei den Exporten liegt Böhmen auf dem achten Platz - deutlich weiter vorne als noch vor fünf oder zehn Jahren. Für das Niederbayern Forum und die Europaregion Donau-Moldau waren die wachsenden Warenströme zwischen beiden Ländern jetzt Anlass, beim 2. Bayerisch-Böhmischen Unternehmertag in Röhrnbach (Landkreis Freyung-Grafenau) eine Plattform zu bieten, um neue Allianzen zwischen Betrieben beiderseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs zu schmieden - mit großem Erfolg: Rund 200 Unternehmer folgten der Einladung der beiden Initiativen, im Vergleich zur Premiere vor einem Jahr ein Plus von mehr als 60 Prozent. Damals zählte der Unternehmertag rund 120 Teilnehmer.
"Wir wollen Zufälle und Begegnungen aktiv herbeiführen", sagte Bertram Vogel, Geschäftsführer des Niederbayern Forums e.V. und einer der Mitinitiatoren. Es habe sich gezeigt, dass sich tatsächlich neue Verbindungen und Partnerschaften entwickeln können, wenn es gelingt, Unternehmer an einen Tisch zu bringen. Die Regionalmarketinginitiative verstehe sich hier als "Matchmaker". "Wir haben mittlerweile gelernt, unsere Lage im Zentrum Europas als Vorteil zu begreifen", betonte auch Sebastian Gruber, der Landrat des Kreises Freyung-Grafenau. Der niederbayerische Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich hob das engmaschige Netzwerk hervor, das den Boden bereitet, damit die grenzüberschreitende Saat aufgeht: Mehr als zwanzig Initiativen gibt es mittlerweile, die den Weg über die Grenze leichter machen, darunter auch die Industrie- und Handelskammer Niederbayern und die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz. Sie gehörten zu den Mitveranstaltern des Unternehmertags.
Deutlich wurde bei der Veranstaltung eines: Trotz der großen Erfolge gibt es auch noch Sand im Getriebe der grenzüberschreitenden Aktivitäten. "Bürokratie ist ein Problem", sagte Katharina Wierer von der Handwerkskammer. Früher hätten Unternehmer mit dem "Meisterbrief einfach losfahren können". Heute erwarten Behörden beispielsweise, dass man auf Baustellen Arbeitsverträge und Lohnunterlagen in zwei Sprachen mit dabei habe. Das große Zukunftsthema Industrie 4.0 lasse sich zudem nur umsetzen, wenn Mobilfunk- und Breitbandnetze auch im ländlichen Raum flächendeckend ausgebaut würden.
Die Bedeutung zukunftsfähiger Infrastruktur unterstrich auch Peter Sonnleitner von der Industrie- und Handelskammer. Er rechnete vor, welche Bedeutung die grenzüberschreitende Partnerschaft heute für den ostbayerischen Grenzraum hat: Allein die 80 größten Investoren Niederbayerns investierten in den letzten Jahren rund 180 Millionen Euro in Tschechien. Längst sei Tschechien kein reiner Produktionsstandort mehr, sondern ebenfalls Hochtechnologie-Land. Diese Entwicklung werde sich nach seinen Worten fortsetzen.
Im Fokus des diesjährigen Unternehmertages stand das Thema Digitalisierung. Politische und wirtschaftliche Akteure sehen darin großes Potenzial für die Region. "Dass dieses Treffen abseits der großen Metropolen und Zentren stattfindet, hat Signalcharakter", sagte Bezirkstagspräsident Heinrich. Max Haidl, Geschäftsführer des gastgebenden Unternehmens Haidl Fenster und Türen, machte am Beispiel deutlich, wie sich die Digitalisierung in einem mittelständischen Unternehmen erfolgreich umsetzen lässt: Der Betrieb gehört heute zu den modernsten seiner Branche in ganz Europa, auch weil viele Produktionsprozesse digital ablaufen, wie Haidl sagte. Er investierte zum 20. Geburtstag seiner Firma mehr als acht Millionen Euro in ein Atrium, das heute auch Veranstaltungszentrum ist und auch dem Unternehmertag die Bühne bereitete. Haidls Fazit: "Wer den Anschluss bei der Digitalisierung verpasst, wird gravierende Probleme bekommen."
Weitere Impulsvorträge von Unternehmern aus Bayern und Böhmen beschäftigten sich mit dem Potenzial, das in neuen innovativen Businessideen für die Region liegt. So stellte unter anderem Radek Gutwirth, Vorstandsmitglied beim tschechischen Unternehmen Dorean DG a.s. den praktischen Nutzen des "Internets der Dinge" vor. Das Start-up will mit der kabellosen Übertragung und Nutzung von Daten zahlreiche Lebensbereiche revolutionieren: von der Landwirtschaft hin bis zur urbanen Mobilität unter dem Stichwort "Smart City".
Foto: obx-news/Jens Henning-Billon